Verloren und Angst

Die erste Nacht ohne Bebimann. Ja. Ich habe wohl geschlafen und ihn sehr vermisst, kommt er doch immermal ins Bett.

Eine Weile habe ich wieder in der Küche gestanden und nicht gewusst was ich machen soll. An verschiedenen Stellen habe ich angefangen und mich dann selbst verloren. Dabei ist es doch so einfach. Brot machen. Hat nicht funktioniert.

Der heutige Morgen lastet noch schwerer auf mir als der gestrige. Ich schließe nicht aus, daß, jetzt wo Lex nicht da ist, meine Depression noch einmal schlimmer wird. Es ist schwer mich in Bewegung zu bringen. Nach dem mein Mann zu Arbeit aufgebrochen ist und ich ihm mit Tränen in den Augen gewunken habe, versuche ich das Altpapier zur Tonne zu bringen. Beim Weg zurück ins Haus fange ich an Unkraut zu zupfen und ich weiß was los ist, mähe ich die Wiese hinter dem Haus. Ich fühle mich dabei beobachtet und aufgeschreckt. Der Schuppen muss dringend entrümpelt werden. Überhaupt hat sich hier an vielen Stellen Zeug gesammelt. Immer noch wünsche ich mir nen Container in dem ich einfach reinschmeißen kann wahrscheinlich ist es dann auch mehr ein “inneres” Aufräumen. Mein Mann möchte aber lieber alles zum Schrottplatz fahren. Gut. Wenn er gern Mäuse im Auto hat… Naja. Lex ist ja praktisch professioneller Mäusefänger. Das Wasser im Hundepool muss raus. Ich gieße damit die Blumen auf der Terrasse. Auch hier sieht es aus… Vertrocknete Blätter, kleine Äste, unzählige Haselnüsse, hier und da sprießen Efeu und Brennesseln. Nein. Kein Kraft dafür. Heute wird es wieder einige Male an der Tür klingeln. Lebensmittellieferung und dazu noch jeder andere Paketdienst – mein Mann hat fleißig bestellt. Ich weiß nicht mal mehr was. Es ist mir alles egal.

Mein Mann wird morgen etwas Sperrmüll wegbringen. Nein. Ich lass mich überraschen.


Es klingelt. Post. Kein Hund schlägt an. Urlaubsvertretung – habe mich schon eine Antwort auf die Frage warum Lex nicht bellt zurecht gelegt gehabt. Ich fühle mich verwundbar und ausgeliefert so ganz ohne meinen kleinen Wolf. Das Gefühl von Freiheit im eigenen Haus wird mit jeder Minute kleiner. Am liebsten würde ich so tun als wäre ich nicht da. Irgendwo versteckt im Haus. Bin ich nun von ihm abhängig oder gibt er mir einfach nur Sicherheit? Sicherheit die ich nicht habe. Nicht hier.

Etwas später klingelt es wieder. Die Lebensmittellieferung und ich muss mit dem Boten sprechen. Es fällt mir sehr schwer und meine Hände zittern.

Danach liege ich eine Weile auf meinem Sofa. Meine Festung. Mein Nest. Ich möchte dringend in den Keller. Zwei Trainingstage hinter einander. Ob das gut geht? Es geht gut. Es fällt mir schwer mich zu konzentrieren, aber im Gegensatz zum letzten Anlauf schaffe ich die erforderlichen Wiederholungen und das in Mitten einer wirklich schweren Depression – ein Psychiater wird hier wieder nur “leicht” bis “mittelgradig” anführen. Ich komme ja aus meinem Bett und schaffe es einigermaßen mich selbst zu versorgen. Ich würde sagen eine leichte bis mittelgradige Depression habe ich an allen anderen Tagen.

Duschen. Sofa. Meine Festung. Es klingelt. Zwei Schatten an der Tür. Sofort ist sie da, die Angst. Die unterschwellige Panik. Nur Post. Ich öffne die Tür. Der Lieferwagen ist sehr nah am Haus. Die relativ jungen Typen stehen noch näher an meiner Tür. Ein winziges Päckchen haben sie dabei. Freundliche belanglose Worte. Schnell ist meine Tür wieder zu. Schnell ist abgeschlossen. Sofa. Festung. Wölkchen und Marvin Klumpfisk sind da.

Ich weiss nicht ob ich noch ein klingeln durchstehen. Ein Paket fehlt noch. Ich kann es auch nicht ignorieren – technische Gerätschaften. Ach.

Tschüss

vor 6 Jahren

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