Ich will es nicht

Ich habe gestern abend noch eine ganze Weile gelesen. Es ist kein besonders gutes Buch,  es hat aber geklappt mich in seine Welt zu entführen. Ich habe mich unter Decken und Kissen eingegraben. Nicht weil mir kalt. Es war eine gute Nestwärme. Rebeca hat friedlich schnarchend neben mir in ihrem Körbchen geschlafen. Nur eine halbe Armlänge entfernt.

Mein Morgen hat  ruhig begonnen. Ich genieße es sehr,  dass mein Mann Urlaub hat. Ich bin morgens tatsächlich etwas weniger verwirrt. Rebecas Futter steht bereit,  mein Kaffee läuft durch und Avocado und Kokosmilch warten auf den Mixer. 

Mit Frühstück beladen geht es dann aufs Sofa. Eine alte Folge Lindenstraße wird geguckt,  Rebeca berudelt und dabei gegessen. Der Tag kann nun richtig starten. 

Für mich steht die erste Einheit vom neuen Trainingsplan an. Ich bin guter Dinge. Ich lasse Kniebeugen Kniebeugen sein und konzentriere mich auf die Übungen in denen ich mich wirklich steigern kann. 

Ich mag nicht spazieren gehen. Die Sonne scheint und die Menschen kommen aus allen Löchern gekrochen. Unterhalten sich lautstark und stören meinen persönlichen Bereich. Ich sitze auf meiner Terrasse, das ist heute auch hart an der Grenze vom zuviel des Guten. Meine Stimmung ist wieder ziemlich weit unten. Wie so oft in den letzten Tagen fange ich grundlos an zu heulen. Es ist als würde ich innerlich platzen müssen. Es lässt sich kein Ventil finden.

Mein Mann hat die erste Ladung Beef Jerky vorbereitet. Ich  bin gespannt auf das Ergebnis. Nachher steht noch einkaufen auf unserer To Do Liste. 

Ich hadere wieder sehr mit mir und diesem Leben. Hätte man mich vorher gefragt ob ich hätte leben wolle. Aber ja. Hätte. Wie ich es auch drehe und wende,  ich kann einfach nichts finden was es ‘gut’ macht. 

Ich habe keinerlei Chance auf Gerechtigkeit. Ich muss mit dem leben was andere kaputt gemacht haben. Es ist nicht leicht mit einer Vergangenheit abzuschließen, die einem immer wieder brutal um die Ohren gehauen wird. Ob es helfen würde weit weg zu gehen? Nein. Es klingt nur so verlockend alles, auch räumlich, hinter einem zu lassen. Ganz egal wo man ist, es kommt mit. Es lässt sich nicht abschütteln. In mühevoller Kleinarbeit aufarbeiten. Schrittchen für Schrittchen. Ich hänge noch mitten drin.

Ich hatte eben ein sehr ausführliches Schreiben meiner Anwältin in der Post. Darin geht sie noch einmal auf meine Geschichte ein und erläutert die wichtigsten Punkte dazu. Abgesehen davon daß es tatsächlich verjährt ist, ist ein sexueller Missbrauch nicht zu beweisen. Schon gar keine bösartige Absicht. Psychische Misshandlung ist keine Straftat. 

So stehe ich da mit einem kaputten Leben. Ein Leben,  dass ich nie gewollt habe und dass mutwillig von anderen zerbröselt wurde. 

Ich mag nicht mehr schreiben.

Tschüss 

vor 7 Jahren

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