Termin… und gut

Ich steht in der Küche und bin völlig überfordert. Ich weiß nicht was zu erst und was zuletzt. Klar, Brot machen für meinen Mann.  Wo und wie? Hier steht alles wild durcheinander. Ich sehe kein Anfang und kein Ende. Leere Flaschen, benutztes Geschirr. Wo kommt das her? Es war gestern aufgeräumt. Es gibt keinen Platz auf der Arbeitfläche. Der neue Toaster ist kaputt… Ich kann nichts machen. Nicht vor nicht zurück. Nein. Gestern war es nicht aufgeräumt. Ich empfinde es heute nur anders. Dämlicher Toaster.

Meine Stimmung ist schlecht. Wir sind schon bei meiner Psychologin und warten… Ich verspreche mir nichts von diesen Termin. Sie soll die Blutuntersuchung veranlassen und mit meinem Therapeuten sprechen. 

So war es: Sie war nicht begeistert,  dass ich das Sertralin abgesetzt habe. Ich war der Meinung wir wären bei der Höchstdosis gewesen (so mein Mann), abgesehen davon hatte ich arg mit den Nebenwirkungen zu kämpfen. Sei es drum. 

  • Tagesklink? – Nein. 
  • Warum nicht? – Ich sehe atm keinen Nutzen
  • Das stimmt nicht. – …
  • Therapie regelmäßig? – eher nicht,  bin zur Zeit nicht therapiefähig.
  • Also doch Klinik. – …

Das war wohl der Punkt an dem ich den ‘der Patient macht eh was er will’-Stempel bekommen habe.  Ich schließe einen Klinikaufenthalt bzw eine Tagesklink nicht aus. Ich sehe eben nur jetzt keinen ‘Nutzen’. Ich muss überzeugt sein, anderenfalls ist es von vorn herein zum Scheitern verurteilt. 

  • Haben Sie Suizidgedanken? – Ja (WTF,  natürlich habe ich die)
  • Sind diese Gedanken konkret? – Nein 
  • Wollen Sie sich selbst töten? – Nein

Sie muss diese Fragen stellen. Jedesmal weiß ich nicht was ich darauf antworten soll. Ja. Nein. Vielleicht. Ich weiß es nicht.

  • Sie waren das mit der Blutuntersuchung, habe ich noch nie von gehört. Ich weiß nicht ob wir das machen können (…) – das macht ein externes Labor, mein Mann nennt kurz alle Fakten dazu – sie meldet sich binnen einer Woche dazu… Sie hat schlicht keine Ahnung.
  • Kein Wort zum EEG. Kein Wort zum Routinelabor.
  • (Nachtrag: ihr lagen alle Unterlagen meines Therapeuten vor. Sie schien überrascht, dass er um Rücksprache bittet) 

Leute… Das enttäuscht mich nun wirklich (sie hatte nie eine Alpharolle – diese wäre nun auch weg). Pharmafuzzis stürmen in Scharen die Praxen und noch keiner wollte euch darüber informieren? Stimmt. Das wäre ein Schuss ins eigene Knie. Dann würden nicht mehr sinnlos Antidepressiva unter die Leute geschmissen.

Ich bekomme zwei neue Antidepressiva: 

  • Elontril (das hört sich so elbisch an, das muss gut sein!) morgens. 150mg für eine Woche, dann 300mg. 
  • Mitrazapin abends 15mg für eine Woche, dann 30mg. 

Meinem Therapeuten habe ich direkt eine Mail geschrieben. Seine Schweigepflichtsentbindung ist abgegeben. 

Ja. Nein. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich hatte im Anschluss eine meiner heissgeliebten Diskussionen mit meinem Mann. Ich liebe diese Augenblicke wirklich. Es ging um Leben und Tod und die Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Wir haben über den Termin gesprochen und ich habe alle meinen Gedanken freien Lauf gelassen. Mein Mann kann sie aufnehmen und sie von allen Winkeln betrachten, ohne am ‘Verständnis’ zu scheitern. Ja. Das ist teils philosophisch,  teils abstrakt,  teils was weiß ich. Ich empfinde diese Gespräche als sehr befreiend und oft auch unglaublich produktiv. Es ist oft ein Erkenntnisgewinn,  ein Verstehen,  ein Begreifen. Es macht etwas mit mir. Ich fühle mich besser. Ich kann nur im Groben wiedergeben worum es ging. Dazu ist es einfach zu spontan und emotional. Es ging um Suizid und um das ‘Lemmingsgen’. Darum nicht auf diese Welt zu gehören. Um Verständnis,  um die höchst eigene Interpretation von Glück und glücklich sein. Ich für meinen Teil denke,  dass ich, im wahrsten Sinne des Wortes,  meinen Platz in der Welt noch nicht gefunden habe und es ‘einfach’ nur das ist was mir fehlt. 

Ich muss hier abbrechen. Ich bin sehr müde. 

Auch im Verlauf des Tages habe ich nicht mehr zu sagen. Nach einem großartigen Training bin ich nun physisch und psychisch nicht mehr anwesend.

Tschüss 

vor 7 Jahren

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