Strohwitwenmodus und also doch nein

Ich bin ziemlich früh ins Bett. Ich würde lügen wenn ich sagen würde ich hätte nicht mit der Versuchung gespielt mich mit Essen voll zustopfen. Der Drang war teilweise so stark, dass es fast schon weh getan hat. 

Ich bin früh ins Bett gegangen. Hier erschien mir die Gefahr alles zu plündern (klar haben wir Süßigkeiten im Haus, in dem Moment würde ich aber auch ne gefrorene Pizza fressen) geringer. Ich habe versucht es wegzuatmen bzw. habe ich mich so sehr in eine Nutellaglasfantasie hereingesteigert, dass ich fast das Gefühl hatte es zu essen und ich mich ernsthaft gefragt habe warum es kein weißes Nutella gibt. 

Da liege ich immernoch, also im Bett. Ich mag nicht aufstehen. Ich mag überhaupt nichts. Ich mag nicht laufen gehen und ich mag mit niemanden schreiben. Letzteres tue ich trotzdem. Immerhin habe ich das Rollo hochgezogen und das Fenster weit aufgemacht. Nach der Lautstärke zu urteilen ist die Spatzengang gerade auf der Wiese unterwegs. Der Himmel ist blau und absolut wolkenlos. Gestern hat es tatsächlich noch ordentlich geschüttet und gestürmt. 

Kiefer und Hals tun immer noch weh. Übernacht wird es meist schlimmer. Liegt aber auch an meiner Schlafposition. 

Dafür, dass ich die Nacht alleine verbracht habe, habe ich erstaunlich gut geschlafen. Beim letzten Mal hatte ich mir noch eine Burg aus Stofftieren gebaut, damit mich der Grusel des alleine im Haus seins nicht wahnsinnig macht.

Ich habe auf einmal so unheimlich viel Wut und Hass in mir. Ich zwinge mich zum Laufen. Statt besser wird es immer schlimmer. Ich zweifel an mir und hinterfrage den Sinn von allem hier. Warum tue ich mir das an? Warum tue ich mir das Leben an. Es wird nichts besser niemals. Nicht hier. Nicht jetzt. Niemals. Ich laufe die Hälfte des Weges. Setzte mich dann unter die grosse Eiche und schreibe. Es hilft nicht. Egal was ich tun werde. Es wird falsch sein. Nichts ändern. Nichts bessern. Stattdessen ärgere ich mich noch mehr. Weil ich hier sitze und nicht laufe. Zeit vertrödel. Ich will einfach nicht mehr. Nichts mehr. 

Nein es ist nicht besser. 

Ruhelos laufe ich im Haus auf und ab. Checke Schränke und Vorratsräume nach ‘fressbarem’. Es ist noch unendlich viel Tag übrig. Ich koche Kaffee und verziehen mich auch mein Sofa. 

Auf einmal entspanne ich mich. Der heisse Kaffee und irgendwie die neu angeordnete Wohnzimmerecke haben eine unheimlich beruhigende Wirkung auf mich. Die Sofalandschaft ist weniger ‘verbrannt’. Ja das muss es sein. Rebeca ist auf dem Sofa gestorben. Nicht eingeschlafen gestorben tot,  tot, tot. Einschlafen suggeriert aufwachen. Tut sie nicht. Nie mehr. Mein Kopf lässt mich in Ruhe. Ich kann mich sogar ganze zwei Stunden am Stück auf einen Film konzentrieren. Der Fressdrang ist da. Brüllt aber nicht mehr. Schreit leiser. 

Weil ich heute vor Selbsthass triefe (der Grund dafür ist mein immer wieder aufkeimendes Fressverlangen), gebe ich mir besonders viel Mühe mit meinem Essen. Gemüsespaghetti (habe dafür eine extra Spiralreibe besorgt) mit Proteinbällchen. Ich habe die Puffer von gestern heute in ‘Bällchenform’ in die Pfanne geschmissen. Es sind Klötze geworden… Aber allein der Wille zählt.

Die Spiralreibe braucht leider ziemlich umfangreiches Gemüse. So dicke Möhren und Zucchini hatte ich jetzt nicht. Naja. Sieht nicht schön aus. Schmeckt aber großartig! Ich habe mit Tomatenmark und Sambal olek noch eine Tomatensauce kreiert.

Gemüsespaghetti mit Proteinklötzchen, dazu eine eiskalte Pepsi Ginger – ja richtig Pepsi GINGER!!!! Wie geil ist das denn bitte!

Ich habe heute morgen die Rollos im Wohnzimmer wieder runter gelassen. Heute ist mir halbdunkel lieber als Sommer, Sonne, Heiterkeit. Nach meinem Mittagessen mache ich mir noch einen Kaffee. Wasche ab und bringe den Biomüll raus. Wo ist nur der Eimer für die kleine Mülltonne vom Badezimmer abgeblieben? Den Müll habe ich in die grosse Tonne entsorgt. Diese Szene fehlt. Keine Ahnung wo der Eimer gelandet ist. 

Heute ist ein klassischer Maskentag. Dabei ist es völlig egal ob ich heute alleine rumsitze, oder Gesellschaft hätte. Es wäre völlig egal ob ich unterwegs wäre oder in meinem Zimmer hocke. Alles würde sich gleich ‘nicht’ anfühlen. So wie jetzt. Ein Lächeln zur Schau tragend durch den Tag. Innerlich in einen erbitterten endlosen Kampf verwickelt. Dabei geht es immerfort um Leben und Tod. Klingt theatralisch? Wirklich? Das ist leider ein Aspekt der ganzen Geschichte den man nur versteht wenn man selbst drin steckt. Vielleicht einen Hauch Ahnung davon bekommen wenn man es miterlebt. 

Ich kann die Leere in mir einfach nicht füllen. Keine kleinen Freuden die hängen bleiben, die nachwirken. Keine Aufgaben, keine erreichten Ziele. Nichts. Es fällt einfach alles ins Nichts. Essen für den Moment. Sobald der Magen so voll gestopft ist bis wirklich nichts mehr rein geht, wird die Leere kurz durch Schmerz abgelöst, dann durch Erniedrigung, Selbstzweifel, Selbsthass, Scham, Gier. Von vorne…

Nö. Das Antidepressiva wirkt tatsächlich nicht. 

Ich lass meine Unlaune im Keller aus. Hier muss dringend Staub gewischt werden. Als ich fertig bin mit wüten mache ich mir einen Eiskakao. Ich richte es wieder nett an und empfinde dabei… Nichts. 

Habe sogar mein ‘gutes’ Ikea Geschirr genommen. Mir gefällt es so sehr, dass ich Angst habe es zu benutzen. Ich müsste eigentlich alles aus Plastik haben, weil ich in regelmäßigen Abständen alles kaputt schmeiße. Nicht mit Absicht. Es fällt einfach von alleine. 

Was es zum Abendessen gibt? Das weiß ich noch nicht. Kochen mag ich nicht mehr. Tatsächlich habe ich gerade keine Lust zu essen. Ich werde sicher zusehen dass ich die Makros für heute abdeckt kriege. 

Tschüß 

vor 7 Jahren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.