Pause vorbei und zurück im Nest

Da ist sie wieder die Knoppes. Kämpfe hart gegen das Verloren gehen an. Versuche mich selbst aus einem Loch zu ziehen was mich zu verschlucken droht. Ich war gleich früh im Feld und habe versucht der Leere davon zu laufen. Mein Haus ist aktuell der Platz an dem ich am wenigsten sein möchte. Es fühlt sich alles so trostlos und einsam an.

Wir sind am Freitag Richtung Cuxhaven gefahren. Nach dem ich das Grillcamp Wochenende dann doch alleine verbracht habe, hat mein Mann ein paar Tage am Meer für uns geplant. Ich habe mir fest vorgenommen, das Wochenende auf mich zukommen zu lassen und mich nicht in “was ist wenn” – Gedanken zuverlieren. Irgendwie auch getrieben vom Zwang jetzt möglichst das aller Beste aus der kurzen Zeit und um jeden Preis jeden Augenblick genießen zu müssen, war die Ernüchterung nicht so zu können wie ich sollte fast schon verheerend. Kaum angekommen, waren wir eigentlich schon wieder soweit alles abbrechen zu müssen. Nach der Fahrt wollte ich mir, möglichst schnell, die Beine vertreten – hätte ich auf mich selbst gehört und vor allem auf meinem Mann, wären wir erstmal in Ruhe angekommen und ich hätte mich ganz auf die neue Umgebung einlassen können. Aber ja, irgendwie hatte ich Angst was zu verpassen. Also los. Der Weg zum Hundestrand war länger als ich ihn in Erinnerung hatte. Es war auch unheimlich viel los und auf halben Weg mussten wir umdrehen, weil ich einfach nicht mehr konnte. Zurück in unserer Wohnung hat sich all mein Frust, all mein Selbsthass und meine Verzweiflung über meinen Mann ergossen. Wir wollten wirklich zurück fahren.

Am Abend haben wir einen neuen Anlauf gewagt. Lex ein Flummi, durch die neue Umgebung und meiner inneren Zerrissenheit. Dank Ebbe, hatten sich Hunde und Halter weitläufig verteilt und Lex und ich hatten freie Bahn. Wir sind eine Stunde im vollen Hunde- und Menschengalopp durchs Watt getobt. Es hat mir ein kurzes Durchatmen beschert.

Kaum zurück am Strand, waren all die Gedanken und die Gefühle, die ich so schön habe abschütteln können wieder da.


Ich war genervt von Lex und seiner wilden Energie, die er beim Toben nicht verloren hat, die ihm an der Leine springen und zerren ließ. Zu viel für den kleinen Mann. Strand, Meer, Menschen, Hunde – das alles ist auch irgendwie neu für ihn und super aufregend.


Am Samstag Morgen sind wir schon um sechs Uhr am Strand – niemand da, keine Menschenseele, keine Hunde. Fühlt sich toll an, fühlt sich weit und endlos an. Fühlt sich frei an. Wieder toben wir durchs Watt. Gestern ist vergessen. Es macht sich eine ruhige ausgelassene Stimmung breit. Zurück am Strand lasse ich die Schleppleine los. Lex dreht wilde Kreise im Sand. Kommt dann zurück. Ein Strahlen in den Augen. Auf den Rückweg holen wir uns frische Brötchen vom Bäcker. Frühstücken und irgedwie fallen uns dann allen die Augen zu. Drei Stunden schlafen wir wie erschlagen.

Am schlimmsten ist es bei mir nach dem Aufstehen. Dann wenn sich die Realität wieder in mein Leben quetscht. Dann wenn die Schwere all der Gedanken wieder auf mich fällt, dann wenn dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das Sinnlose, diese elend lange verfluchte Dasein wieder da ist. Es dauert bis ich es abschlütteln kann. Wieder im Hier und Jetzt sein kann. Wir fahren zurück an den Strand. Wir sitzen einfach an der Strandpromenade. Lassen Lex gucken. Warten bis er sich entspannt. Essen Eis. Gehen dann wieder zurück. Kurze Pause, sacken lassen, verarbeiten lassen.

Als wir dann erneut an den Strand fahren, ist tatsächlich das Meer da. Hochwasser ist gerade vorbei. Es sind viele Menschen und Hunde unterwegs. Ja… trotz Leinenzwang rennen viele frei herum. Machen denen die lernen, denen die lehren das Leben schwer. Zwingen einem Kontakte auf mit Mensch und Tier – nenne es dann Sozialkontakte und “Begrüßen” und “Spielen”. Ich nenne es Zwang, Stress, Konfliktsituationen, ungewollt, aufgedrängt, respektlos, rücksichtslos. Wir stoßen auf Unverständnis und gemurmelte Worte. Halbherzige Rückrufe und böse Blicke. Ist es so falsch in Ruhe mit seinem Hund Sand, Strand und Meer genießen zu wollen? Ich bin es jetzt schon so Leid.

Unsere Wohnung liegt an einem kleinen Park, dort gehen wir noch eine kleine Pipirunde. Mein Mann kocht mir Nudeln, dann machen wir es uns gemütlich. Sonntag wollen wir recht früh wieder nach hause aufbrechen, wir brauchen die Zeit uns zu aklimatisieren.

Wir sind etwas später am Strand als am Samstag. Es ist immernoch kaum etwas los. Wir machen Fotos, rennen, toben. Lex hat schnell raus, daß an den Algenfähnchen Muscheln hängen. Die knuspern so schön. Einen toten Krebs hat er auch am Wickel und einmal jagt er eine Möwe. Bockspringend kläfft er eine Boje an, beruhig sich aber schnell nach dem er sie beschnüffeln darf. Strand. Bäcker. Heimflug.

Zurück Zuhause fühlt sich alles so unwirklich, so nie geschehen an. Der Tag ist endlos lang. So viel erlebt, und doch ist noch so viel Tag übrig. Ich gehe baden, wasche mir das Salz von der Haut. Jetzt ist es wirklich so als wäre nie was gewesen. Einzig Lex duftet noch nach Sand, Strand und Meer.

Da bin ich nun wieder zurück in meiner Zelle. Kämpfe mit mir, der Leere, einer Verlustangst, die heute so unheimlich stark ist. Die mich lähmt und mir die Luft zum Atmen nimmt. Ich sehe ganz klar vor mir, daß es so nicht weiter gehen kann und wird. Ich schaffe es nicht alleine. Ich habe mich hier wirklich in eine auswegslose Situation gebracht. Kein vor, kein zurück. Ich weiß nicht wie ich aus meiner eigenen Falle wieder heraus kommen soll. Ich finde keine Lösung. Ich finde niemanden, der mir helfen kann. Mein Mann steckt viel zu tief mit drin. Das ist mir nur all zu bewusst.

Ich blicke wieder auf eine lange einsame Woche. Eine Woche in der ich alleine bin mit mir und meinen Gedanken. Alleine meinen Kampf kämpfen muss und nur zu gern aufgeben will.

Ich kämpfe mich durch mein Training. Kurz fühlt es sich gut an. Hinterher. Erleichtert. Glücklich. Dann ist da wieder nichts.

Tschüss

vor 6 Jahren

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