Vergessen und Termin

Dieser mein kleiner Blog wurde am 03.11. zwei Jahre alt! Das ist mir glatt entfallen… Ein paar Worte dazu, was soll ich schreiben. 50.000 Besucher, knapp 1000 Posts. Eine Menge Gedanken, Gefühle, Erkenntnisse, Geschichten. Was man halt so sammelt in zwei Jahren. Aufmunternde Worte. Menschen die lesen, die sich interessieren, die teilhaben. Fazit? Nach wie vor meine liebste Methode in meinem Kopf aufzuräumen. All das was umtreibt, mich nicht schlafen lässt, mich verzweifeln lässt eine Richtung zu geben. Versuchen es hier zu bannen. Aus meinem Kopf raus zuschmeißen. Ich finde es toll, wenn sich jemand der/die hier mit liest sich bei mir meldet und sagt, dass ihm/ihr mein Geschreibsel hilft. Man sich wieder findet, verstanden fühlt. Worte findet.

In den letzten Wochen ging es mir ziemlich schlecht. Ich schreibe ging, weil in mir die leise Hoffnung wächst es mit den gestrigen Terminen erstmal wieder überstanden zu haben. Mein Mann hat sich frei genommen, Lex ist gleich morgens in die HuTA und wir sind weiter nach Hannover. Mein Termin bei einem neuen Psychiater. Trotz Termin, den wir vor über 8 Wochen gemacht haben, mussten wir eine Stunde warten. Ich konnte erst nicht sprechen, der Doc hat meinen Mann verboten zu sprechen. Natürlich soll mein Mann nicht für mich reden, es hilft aber oft wenn er nur ein Wort sagt und dann geht es bei mir besser (war das bei M. Parkinson wenn das Gehen schwer fällt, man Anlaufschwierigkeiten hat und jemand anderes seinen Fuß kurz quer vor den eigenen stellen um die Schwierigkeit zu überwinden? Jedenfalls sprach vor langer Zeit mein Fachkundelehrer davon und genauso fühlt es sich bei mir an). Es ist mir sehr schwer gefallen zu sprechen, zu formulieren, was ich von diesem Arzt erwarte, wie er mir helfen kann und soll. Ich habe versucht nicht über Diagnosen zu sprechen, ich hatte keine Befunde und Arztbriefe dabei. Ich möchte einen Arzt der mich im Ganzen sieht und mich behandelt, sich nicht ein Symptom herauspickt wie Rosinen in einem Brötchen. Er drückt mir keine Einweisung für die nächste Klinik in die Hand. Wir versuchen es noch einmal mit einem SNRI (Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer). Ganz zu Anfang hatte ich ein ähnliches Präparat, dadurch aber ein enormes Risikoverhalten gezeigt – was in Verbindung mit Suizidalität jetzt nicht so schlau war, ich muss auch dazu sagen, dass ich damals niemand davon erzählt habe bzw. über mich selbst erschrocken war. Ich kannte die Gedanken schon. Irgendwann in meiner Jugend hat das angefangen. Aber ja, was macht man mit solchen Gedanken? Wo steckt man sie hin mit wem spricht man darüber? Ist es nicht viel mehr so, dass Kinder und Jugendliche “solche” Gedanken nicht haben? Was sollen sie schon erlebt haben, dass ihnen das Leben so schwer fällt?

Der nächste Termin ist in vier Wochen, diesmal mit Wartezeit – ich bin gespannt was das heißt, wenn der letzte Termin doch “ohne” war. In vier Wochen wird die Dosis erhöht. Sollte vorher was sein, bitte melden. Das ist schon mal deutlich mehr als bei den letzten fünf Versuchen. Zusätzlich bekomme ich eine Überweisung in die Radiologie cMRT. Der Doc ist ein wenig überrascht, dass mir noch niemand in den Kopf geguckt hat. Vielleicht hab ich ja doch was an der Murmel. Hormonwerte, Schilddrüse und Co bestimmt er allerdings nicht, das wäre die Aufgabe meines Internisten bzw Gynäkologen. Habe ich beides nicht. Wäre es nicht dennoch auch irgendwie ein Teil seiner Aufgaben? Schließlich kann auch eine Schilddrüse ganz wunderbar mit der Psyche spielen. Sobald ich Kraft habe, werde ich mich darum kümmern. Erstmal Ende November Radiologie. Vielleicht bin ich ja doch mitm Hammer geföhnt worden. Zwischenzeitlich habe ich auch noch eine Menge anderer Termine. Wöchentlich Lex, Diakonie. Das ist für mich jedesmal unheimlich anstrengend und gefühlt ein von Null auf eine Million.

Hannover City ist für sich schon eine enorme Herausforderung für mich. Ich weiß nicht wohin mit mir, überall sind Menschen. Es ist schnell und laut. Das Wartezimmer ist unbekannt, voll und eng. Dann muss ich über Dinge sprechen, die mich stark belasten. Ich muss mich erklären und sagen was ich wünsche und erwarte. Ich bin so froh und dankbar meinen Mann bei mir zu haben. Ich konnte mich hinterher nur noch im Schneckentempo bewegen. Wir sind gleich in die Apotheke. Mundtrockenheit und nen schlimmen Bauch. Mal abwarten wie sich das entwickelt. Ich soll keine Wunder erwarten. Das tue ich auch nicht.

Der andere “Termin” mein Geburtstag. Zuhause warten zwei Päckchen und zwei Karten auf mich. Mein Handy ist noch immer im Flugmodus. Ich bin noch nicht bereit dafür.

Es gibt keinen Kuchen und kein Geschenk von meinem Mann. Nein Weihnachten, Geburtstage, warum nur an den Tagen, wieso der “Zwang”. Nein. Irgendwie ist das einfach nicht mehr wichtig. Wir sind heute den ganzen Tag zusammen. Das ist schon ok so. Natürlich freue ich mich über die Pakete und die Karten. Sehr sogar! Vielen Dank!

Danach frühstücken wir. Es gibt Brötchen mit daumendick Nutella, wie es sich gehört. Dazu können wir nun endlich die alten und neuen Folgen Lindenstraße gucken – aktuell gibt es sowohl in den alten (2010 sind wir glaube ich) als auch in den neuen Babygeschrei. Das wird mit Lex dann doch anstrengend. Der Tag vergeht schnell. Hier und da erreicht mich eine Nachricht. Messenger, FB. Was habe ich getan? Wieder die Frage in meinem Kopf.

Am Abend holt mein Mann den Wolf. Kaputt und zufrieden ist er. In mir macht sich eine seltsame Aufgedrehtheit breit,


Ich habe geschlafen. Erholsam. Weiß ich nicht. Immerhin habe ich geschlafen. Das ist in letzter Zeit nicht unbedingt selbstverständlich. Schmerzen im Nacken, Rücken. Kann auch von meiner näheren Bekanntschaft mit dem Feldweg vom Samstag kommen. Der Wolf hat mich ziemlich fliegen lassen. Schleppleine umgebunden, passiert mir auch nicht nochmal. Er hatte 10m Anlauf und mich durch den Zug auf meine Mitte einfach von den Füßen geholt. Keine Chance. Er wird sich klasse im Zughundesport machen.

Ich verbringe den Morgen erst in der Küche mit Lex’ Futter, dann im Wohnzimmer mit Blog, Lieferdienst und Postboten. Meine Gedanken sind hier und da und überall. Nicht bei mir, nicht bei der Sache. Der Strom fällt aus. Ich Technikopfer. Keine Musik, kein Telefon, kein Internet. Was mach ich denn jetzt? Nach 10 Minuten ist er wieder da. Eine Sicherung hat es nicht raus gehauen. Den Vormittag ist viel los im Hunde TV – auf der Straße, im Graben, irgendwas wird da gewurschtelt. Sicher ist hier auch der Stromschuldige zu finden. Nach weiteren 5 Minuten kommt auch der Router wieder klar. Yey. Ich kann weiter machen mit was auch immer ich gerade gemacht habe.

Mein Mund ist etwas trocken, mein Bauch fühlt sich komisch an. Ansonsten scheint aber alles soweit ok. Durcheinander bin ich. Ja. Irgendwie bin ich durcheinander. Aber meine Grundstimmung ist nicht mehr ganz so tief schwarz. Könnte fast schon grau sein.

Ich mag nicht mehr schreiben.

Tschüss

vor 5 Jahren

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